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Dienstag, 13. Mai 2014

Noch 12 Tage: Lohnt sich Ehrlichkeit?

Noch 12 Tage: Lohnt sich Ehrlichkeit in der Politik?


Der Satz kommt wie mit einem Hammer: Auf die besorgte Frage von Eltern aus Milte, was die Warendorfer Kommunalpolitik tun könne, um die Sicherheit für Schüler bei der täglichen Fahrt mit dem Linienbus zu verbessern, schreibt der direkt gewählte Ratsherr aus dem Ortsteil, Markus Pletzing: „Das allgemeine Lebensrisiko tritt hinter die mögliche finanzielle Belastung zurück.“ Anders ausgedrückt: Es wäre nicht unmöglich, aber unmöglich teuer, und deshalb lassen wir das. Das nennt man Klartext!

Darf oder muss er es so sagen?

Darf ein Politiker so etwas sagen? Darf er Eltern, die sich um die Sicherheit ihrer Kinder auf dem täglichen Weg zur Schule Sorgen machen, an den Kopf werfen, dass eine Stadt wie Warendorf es aus finanziellen Gründen ablehnt, für ausreichend Sitzplätze in einem Linienbus zu sorgen? Verstehen Väter und Mütter aus Milte, dass der Gesetzgeber sogar vorschreibt, dass sich Erwachsene auf dem Kegelausflug in des „Sauerlandstern“ in einem komfortablen Reisefernbus anschnallen müssen, während Kinder in der „Schulstadt“ wie in einem Viehtransporter zum täglichen Unterricht gekarrt werden?

Gedränge an der Bushaltestelle, der Linienbus kommt, aber schon zu diesem Zeitpunkt stehen die Bus-"Insassen": Mit diesem Bild illustrierte "Die Glocke" im Januar die Situation morgens in Milte. Die Eltern forderten Verbesserungen - und was ist daraus geworden? Wir fragten nach.
Die Frage könnte aber auch anders lauten: Ist es nicht gerade die Pflicht eines gewählten Politikers –CDU-Mann Pletzing hat bei der Wahl 2009 fast 55 Prozent erzielt und lag damit fast 33 Prozentpunkte vor dem nächststärksten Kandidaten von den Grünen – auch vor einer Wahl (er kandidiert am 25. Mai wieder) nicht nur Versprechungen zu machen, sondern auch ehrlich zu sagen, was nicht geht?

Jurist verweist auf Rechtslage

Immerhin: Markus Pletzing ist der einzige, der es gewagt hat, den beschwerdeführenden Eltern in schriftlicher Form mitzuteilen, was Sache ist. Der Jurist hat die rechtliche Lage, für die nicht die Stadt Warendorf, sondern der Gesetzgeber verantwortlich ist, offenbar völlig korrekt dargestellt. Er hatte den Eltern versprochen, deren Anliegen in der größten Ratsfraktion vorzutragen. Er hat Wort gehalten und dann mitgeteilt, die Fraktion habe „einstimmig“ entschieden, dass die Stadt nicht in die Bresche springen soll, wenn das beauftragte Busunternehmen, das wirtschaftlich kalkulieren muss, keine zusätzlichen Kapazitäten zur Verfügung stellt. Einstimmig heißt demnach: auch mit seiner Stimme.

Mutig, ehrlich oder unklug?

Ist das nun mutig, ehrlich oder unklug, wenn ein gewählter Volksvertreter so agiert? Und ist es im allgemeinen Interesse der Steuerzahler richtig, wenn eine Stadt, an den gesetzlichen Bestimmungen orientiert, bewusst in Kauf nimmt, dass ihren jüngsten Mitbürgern in Linienbussen tagtäglich zugemutet wird, was in Reisebussen verboten wäre?
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4 Kommentare:

  1. Klaus Aßhoff, BÜNDNIS90/Die Grünen13. Mai 2014 um 14:39

    Die Reaktion des Kollegen Pletzing dürfte genau die sein, weshalb zur Verdrossenheit neigende Mitbürger ihre Politiker so lieben: Wir erklären, was nicht möglich ist und warum es nicht möglich ist und wieso das auch noch rechtens ist. Es fehlt nicht viel, und die Eltern müssen sich fragen, ob sie überhaupt das Recht haben sich Sorgen zu machen. Politik könnte genau umgekehrt laufen: Eltern haben Sorgen, die Politik sucht Antworten statt nur Erklärungen. Wenn es mein Kind wäre würde ich auch Sorgen haben. Ich würde nicht zufrieden sein mit pauschalen Erklärungen über Kosten in unbekannter Höhe. Ob etwas zu teuer ist, darüber entscheidet nicht allein der Preis, sondern der Wert. Eine Wertediskussion müßte erst geführt werden, dann eine Bewertung. Das darf man nicht ersticken, finde ich.

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  2. Nein, Ehrlichkeit lohnt sich nicht, wenn man ein politisches Amt anstrebt. Dies zeigen schon die Erfahrungen der Vergangenheit.

    Auch wenn er es mit den kalten Worten der juristischen Logik ausdrückt, muss man Ratsmitglied Pletzing doch Respekt zollen. Als einziger Vertreter aller Parteien hat er es auf sich genommen, zu dem leidigen Thema Stellung zu beziehen und die vermutlich parteiübergreifende Meinung des gesamten Stadtrates einschließlich seiner eigenen Fraktion kundgetan. Nein, eine Verbesserung der katastrophalen, höchst stressbelasteten und gefährlichen Schulbussituation interessiert im Warendorfer Stadtrat niemanden ernsthaft. Zumal wenn dies noch mit erheblich höheren Ausgaben verbunden wäre. Es ist ja zumindest innerhalb eines Schulbusses auch noch kein Schüler zu Tode gekommen. Also werden weiterhin die Milter Schweine unter deutlich höheren Sicherheitsauflagen zum Schlachthof gekarrt, als die Milter Kinder zu den Schulen.

    Aber mal etwas weniger polemisch: Wenn die berechtigten Interessen von Eltern und ihren Kindern für die lokale Politik von so geringer Bedeutung sind, muss diese sich nicht wundern, wenn der Wähler sich nicht für sie interessiert. Möglicherweise ist es nicht Politikverdrossenheit, die die Wahlbeteiligung immer weiter nach unten gehen lässt, sondern viel eher Politikerverdrossenheit. Die angesprochene Schulbussituation ist dabei nur symptomatisch für viele andere Themen, die sich zur Zeit in unserer Kommune nicht im Sinne der Bürgermehrheit entwickeln, sondern von den Vertreten von Partikularinteressen gesteuert und entschieden werden. Nach den Wahlen wird es noch manche Überraschung für das Warendorfer Stimmvieh geben.

    Es gilt halt immer noch das alte Sprichwort: Politik is aners dun äs man sägt.

    Und dennoch gilt auch: Nur wer gar nicht wählt, wählt am schlechtesten.

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    1. Klaus Aßhoff, BÜNDNIS90/Die Grünen14. Mai 2014 um 13:30

      Sprecher des Rates ist der Bürgermeister
      Aber für wen sprechen Sie, Anonymus?

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  3. Pletzing ist nur der Überbringer der Botschaft. Das Thema von der Tagesordnung genommen hat der Rat.

    Wie heißt es oben: "Ich würde nicht zufrieden sein mit pauschalen Erklärungen über Kosten in unbekannter Höhe. Ob etwas zu teuer ist, darüber entscheidet nicht allein der Preis, sondern der Wert. Eine Wertediskussion müsste erst geführt werden, dann eine Bewertung. Das darf man nicht ersticken, finde ich."

    Richtig! Leider, oder zum Glück, ordne meine Gedanken oft über Polemik:

    Die Politik könnte sagen, dass es aus finanziellen und ökologischen Gründen sinnvoll ist, Milte zu schließen, und alle in die Kernstadt ziehen sollen. Dann von der Kernstadt ins nächste Mittel- oder Oberzentrum nach Münster, Bielefeld, etc. Scheint aber so, dass die einen das nicht hören, und die anderen nicht sagen wollen.

    Aber wenn man sich die eine oder andere politische Diskussion über Infrastruktur verfolgt, kann man sich diese Vision so mancher als Endziel vorstellen. Hauptsache die Wirtschaft brummt.

    Oder so: "Milte/Warendorf - Maps sagt: knapp 10 km. In den Niederlanden wäre das eine Fahrradstrecke ..."

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