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Sonntag, 25. Mai 2014

Heute ist der Tag: Geht wählen!

Von PETER WILD


Seit dem 5. Mai haben wir an dieser Stelle täglich Beiträge im Wahlblog veröffentlicht. Heute nun schließen wir dieses Tagebuch. Es sollte Lust machen, zur Wahl zu gehen. Ob wir dazu haben beitragen können, sollen andere beurteilen.
Jetzt sind Sie dran, liebe Leser: Die 20 Wahllokale in Warendorf sind von 8 bis 18 Uhr geöffnet. An die 200 Menschen, die meisten freiwillig, werden als Wahlhelfer in den Lokalen und im Bürgerbüro für einen (hoffentlich) reibungslosen Ablauf sorgen. Ihnen allen soll auch von dieser Stelle schon mal ein dickes Dankeschön gesagt werden.


Bundeswahlleiter forscht

Es gilt, die Zukunft Europas, des Kreises und der Stadt Warendorf mitzubestimmen – jedenfalls dazu einen kleinen Beitrag zu leisten. Eine Besonderheit erwartet die Freckenhorster in den Wahlbezirken 16 und 18. Für die Durchführung einer repräsentativen Wahlstatistik für den Bundeswahlleiter werden an die Wähler Stimmzettel für die Europa- und Kreistagswahl mit einem Unterscheidungsmerkmal nach Geschlecht und Altersklasse ausgehändigt.


Wahlparty im Sophiensaal

Wenn die Wahllokale geschlossen sind und die ersten Ergebnisse der Auszählungen eintreffen, beginnt im Sophiensaal, Kurze Kesselstraße 17, eine Präsentation der lokalen Ergebnisse. Vertreter von Parteien und Wählergruppen werden dabei sein – Politik und Politiker zum Anfassen sozusagen. Auf drei Leinwänden werden die Ergebnisse aus den Wahllokalen für die Europawahl, die Wahlen des Landrates, des Kreistages und des Rates präsentiert.


„Glocke“ print und online

Über die Ergebnisse der Wahlen in unserer Region informiert selbstverständlich auch „Die Glocke“ am Sonntag im Internet sowie auf Twitter. Ein Wahl-Spezial auf www.die-glocke.de bündelt Nachrichten, Analysen und Links zu den Live-Ergebnissen. Kurznachrichten aus den Rathäusern und Kreishäusern twittert die Redaktion über den Live-Ticker auf twitter.com/dieglockelive. Diesen Kanal erreichen Sie auch über unsere Homepage.


Das Ende des Wahl-Blogs

Und am Montag finden Sie dann gewohnt ausführliche Berichte, Fotos und Tabellen in unserer gedruckten Ausgabe.
Nur in diesem Blog nichts Neues mehr. Wir haben sein Ende bewusst so gewählt, denn er heiß ja: warendorf-waehlt. Und nicht -hatgewaehlt.

Samstag, 24. Mai 2014

Noch 1 Tag: Endspurt der nervösen Polit-Hemden

Von PETER WILD


Man hätte es nach 37 Jahren Berufserfahrung als Tageszeitungsredakteur eigentlich wissen müssen. Und doch hatte ich am Freitagmorgen nicht damit gerechnet, was der Redaktion bei der Produktion der Samstagausgabe noch so alles auf den Tisch bzw. ins E-Mail-Postfach flattern sollte. Es war halt der letzte Arbeitstag der Redaktion vor den Wahlen am kommenden Sonntag.


Was alles nicht erschien

Um es vorweg zu sagen: All die Dinge, von denen die nächsten Zeilen handeln, stehen nicht in der Print-Ausgabe der Glocke. Wir halten aus gutem Grund an der alten Tradition fest, in der letzten gedruckten Ausgabe vor einer Wahl keine parteipolitischen Aussagen mehr zu veröffentlichen, in denen gegen den politischen Mitbewerber geschossen wird, der dann keine Möglichkeiten mehr hat, mit einer Gegen-Stellungnahme zu reagieren.
In Online-Foren wie diesem Blog ist das etwas anderes. Wie man das ja aus einschlägig bekannten sogenannten „sozialen“ Netzwerken weiß, kann man sich da ja -vorzugsweise anonym- bis zum gegenseitigen Erbrechen die Meinung m die Ohren hauen. Wer das zu diesem Beitrag möchte, kann uns ja seinen Kommentar senden. Vielleicht schalten wir ihn sogar frei, wenn wir es journalistisch verantworten können, für die Veröffentlichung geradezustehen. (An dieser Stelle können alle Piraten, die ja schon die zeitverzögerte Veröffentlichung, in jedem Fall aber jede presserechtliche Überprüfung solcher Inhalte für Zensur halten, schon mal wieder die Hasskappe aufsetzen).


Stellungnahmen reihenweise

Aber kommen wir zu den Inhalten: Die ersten Stellungnahmen kamen gestern von den beiden SPD-Ratskandidaten Dr. Erich Tertilt und Andreas Hornung, die sich über den Vorwurf in einem Leserbrief der FDP-Ratskandidatin Dr. Beate Janinhoff aufregen mussten, weil die von „Unwahrheiten, die die SPD in ihren Leserbriefen von sich gibt“ geschrieben haben soll. Hat sie auch, aber genau diese Passagen sind in der Glocke gar nicht veröffentlicht worden, weil wir solange an dem Janinhoff-Brief herumredigiert hatten, bis nur noch die Sachaussagen drin stehengeblieben waren.
Da hat sie Glück gehabt, die liebe Beate, dass wir so vorausschauend (andere würden sagen: zensierend) arbeiten! So braucht sie heute nicht zu lesen, dass ihr der Ratskollege Tertilt „Holzhammermethoden“ vorwirft. Unter Doktores eigentlich auch nicht die feine Art. Wir haben übrigens auch Glück gehabt und unsere Leser erst recht, denn wir haben den dadurch eingesparten Platz in unserer Zeitung sinnvoll(er) füllen können.




Wolffs fiese Fliesen

Nicht lesen können Sie in der „Glocke“ heute auch eine Stellungnahme der Heimatvereinsvorsitzenden Mechtild Wolff. Die sah sich veranlasst, so kurz vor der Wahl Stimmung in Sachen Marktplatzsanierung zu machen. Mit einem Horror-Foto, dass eine Geschäftsstraße mit spiegelglatten, superfiesen Fliesen (die würden bei uns nicht mal im Keller liegen) aus der Innenstadt von Minden garniert, versuchte die vor Jahren aus der CDU ausgetretene ehemalige Ratsfrau ihren Ex-Unionskollegen eins auszuwischen. Dabei behauptet sie, dass (die von der Stadt mit der Entwurfsplanung beauftragte) „Firma Pesch & Partner eine überteuerte Neupflasterung mit einem großflächigen, glatten Natursteinpflaster“ vorschlage. So hätte das Büro „schon die Innenstädte von Göttingen und Minden gestaltet, und die Bürger sind selbst entsetzt, dass die Stadt jetzt wie ein Bahnhofsvorplatz aussieht“.
Da hat die liebe Mechtild aber mal wieder einen rausgelassen. Aber ich denke, sie weiß als Ex-Ratsfrau durchaus noch, dass kein externes Büro dieser Welt, auch nicht Pesch & Partner, und kein Bauverwaltungsmann, auch nicht Peter Pesch, von sich aus darüber entscheiden können, welches Pflaster hier verlegt wird. Das macht immer noch der Rat, und zwar der neue, der am Sonntag gewählt wird. Ich bin sicher, wer immer darin sitzen wird, wird einer 60er-Jahre-Terrassenfliese keine Chance in Warendorfs Altstadt geben – in keiner Gasse, und auf keinen Fall auf unserem Marktplatz.
Oder vielleicht doch? Ausgerechnet ein ehemaliger Ratskollege von Mechtild Wolff, Hermann Wohlers, scheint mich da Lügen zu strafen. In seinem Leserbrief auf die bei uns aus gutem Grund noch gar nicht veröffentlichte Horrorgeschichte aus der Wolffschen Feder kritisierte er zwar seine ehemalige Mitstreiterin („Mechtild Wolff übertreibt wieder einmal sehr, ohne zu überzeugen“), um sich dann aber anscheinend und ausgerechnet als Freund des horizontalen Plattenbaus zu outen: Natursteinpflaster habe sich nicht bewährt, und die Begehbarkeit müsse oberste Prämisse sein. Wohlers wörtlich: „Dann wird kaum einer das historische Pflaster vermissen oder ihm nachtrauern.“

„Sogenannte Ehrenmänner“

Und dann ist da auch noch Hans-Georg Hild, der Zwillingsbruder des über Jahrzehnte omnipräsenten und nun aus dem aktiven Polit-Geschehen ausscheidenden CDU-Fraktionschefs (erst im Rat, dann im Kreistag) Karl-Wilhelm. Er äußerte sich einmal mehr zum Thema Führungskrise am Josephs-Hospital. Folgende Worte findet er für das Kuratorium, das, glaubt man dem Bürgermeister (siehe wiederum „Glocke“ von heute), eine jahrelange Pflichtverletzung des deshalb nun entlassenen Vorstandsvorsitzenden aufgedeckt haben will: „Frechheit“, „unverschämtes Spiel“, „unqualifiziert“, „erbärmlich“. Quintessenz des Herrn H. aus F.: „Die sogenannten Ehrenmänner sollten sich in Grund und Boden schämen.“
Man möchte all diesen Protagonisten zurufen: Abrüsten! Streitkultur gehört zur Demokratie, aber bitte die Kultur nicht vergessen. Und nicht vergessen, dass sich am Ende keiner mehr für Ehrenämter findet, wenn Fairness im Umgang untereinander auf der Strecke bleibt.


Die wollen doch nur spielen

Aber nein, so kann dieser Blog nach 20 Tagen nicht enden. Und deshalb sagen wir: Wenn die Wahl erstmal vorbei ist, werden sich die Damen und Herren schon wieder beruhigen. Die wollen doch nur spielen. Hunde, die bellen, beißen bekanntlich nicht. Und eigentlich sind alle, die sich am Sonntag zur Wahl stellen, ganz nette, friedliche und engagierte Menschen, die meisten sogar auch einen Tag vor der Wahl noch.
Darum: Gehen Sie am Sonntag hin und bestimmen Sie mit. Von mir aus auch, damit am Ende nicht doch noch Badezimmerfliesen auf dem Markt verlegt werden.

Freitag, 23. Mai 2014

Noch 2 Tage: Der Trend geht zur Briefwahl – bis 18 Uhr

Von PETER WILD


Der große Wahltag naht, die Spannung steigt. Was die Europawahl angeht, gibt es bereits die ersten Wasserstandsmeldungen aus dem Ausland – nicht über den politischen Trend, sondern über die Wahlbeteiligung. Grund zum Optimismus gibt das nicht.

Also müssen wir es rausholen, liebe Warendorfer. Sorgen wir doch mal dafür, dass diese Stadt überregional bekannt wird für gute Wahlbeteiligung, ganz gleich, ob bei der Abstimmung über die Zusammensetzung des Europaparlaments, des Kreistags oder des Stadtrats. Oder in der Frage, wer unser Landrat wird. Immerhin sind sowohl Amtsinhaber Dr. Olaf Gericke (CDU) als auch sein Herausforderer Franz-Ludwig Blömker (SPD) Bürger dieser Stadt. Auch wenn nur einer gewinnen kann, haben es doch beide verdient, mit einem hohen Ergebnis aus dieser Wahl zu gehen.


Deutlich mehr Briefwähler

Eine kleinen Vorsprung haben die Warendorfer schon herausgearbeitet. Bis Donnerstagabend sind bereits 4415 Briefwähler registriert worden. Damit liegt Warendorf schon jetzt deutlich über dem Gesamtzahl der Briefwähler bei der Kommunalwahl vor fünf Jahren. 2009 hatten nur knapp 3200 Menschen diese Möglichkeit der Vorab-Wahl genutzt, und das, obwohl auch die Bürgermeisterwahl anstand. Bei der ebenfalls im „Superwahljahr“ 2009 durchgeführten Europawahl lag das Briefwahlaufkommen sogar noch deutlich darunter. Damit bestätigt sich laut Wahlbüroleiterin Karin Kövener ein seit Jahren zu beobachtender Trend zu mehr Briefwählern.
Ob daraus im Umkehrschluss bereits jetzt gefolgert werden kann, dass die Wahlbeteiligung insgesamt hoch wird und dass die Kommunalwahl die Wahlbeteiligung bei der parallel durchgeführten Europawahl nach oben zieht, bleibt dahingestellt.


Heute noch bis 18 Uhr geöffnet

Was sicher ist: Am Freitag, 23. Mai, besteht noch bis 18 Uhr die Möglichkeit, Briefwahl zu beantragen und am besten gleich vor Ort im Bürgerbüro, das zurzeit mindestens zur Hälfte (auch) ein Wahlbüro ist, durchzuführen. Wenn Karin Kövener am Freitag um 18 Uhr den Schlüssel umdreht, gibt es nur noch ausnahmsweise die Möglichkeit der Briefwahl. Wer kurzfristig erkrankt und nicht selbst zu seinem Wahllokal kann, hat die Möglichkeit, noch bis am Wahlsonntag um 15 Uhr die Briefwahl zu machen.
Eine weitere Sonderöffnungszeit des Wahlbüros ist reserviert für alle, die trotz Anforderung keinen Wahlschein erhalten haben. Am Samstag haben diese Betroffenen bis 12 Uhr die Möglichkeit, sich im Gebäude der Stadtverwaltung, Lange Kesselstraße 4-6, zu melden.


30000 können mitbestimmen

Übrigens haben zum Stichtag 30 675 Warendorfer bei der Kommunalwahl (ab 16 Jahren) und 29150 bei der Europawahl (ab 18 Jahren) die Chance der politischen Mitbestimmung. So privilegiert sind längst nicht alle 7,2 Milliarden Menschen auf dieser Welt. Machen wir was draus!

Donnerstag, 22. Mai 2014

Noch 3 Tage: Von Frontalangreifern und Querdenkern

Von PETER WILD


Noch drei Tage gehen ins Land, dann dürfen wir an die Wahlurnen. Zwar hat es lange gedauert, aber jetzt, so kurz vor Toreschluss, kommt doch noch Fahrt in den Wahlkampf. Wer heute in die gedruckte Ausgabe der „Glocke“ sieht, der findet eine ganze Latte Leserbriefe, allesamt irgendwie hochpolitisch. Dass das Tauziehen um die richtige Wahl bei der Marktplatzsanierung zu den Streitpunkten gehören sollte, war an dieser Stelle bereits ausführlich thematisiert worden. Und das ist gut so, denn das integrierte Stadtentwicklungskonzept, für das der Markt Pilotprojekt sein soll, ist nicht nur eines der wichtigsten Vorhaben der nächsten Ratsperiode, sondern auch ein für viele Bürger sehr konkretes Projekt, über das es sich lohnt, intensiv zu streiten.


Zwei neue "Aufreger"

Gleichwohl dominieren auch zwei weitere „Aufreger“ unsere heutige Zeitungsausgabe, und da haben wir eine gute und eine schlechte Nachricht zu verkünden.

Die schlechte zuerst: Spätestens mit der „persönlichen Stellungnahme“ von Bürgermeister Jochen Walter als Kuratoriumsvorsitzender ist die unselige Führungsdiskussion bei der Stiftung Josephs-Hospitals (leider) doch noch zum Politikum geworden. Was da abgeht, kann niemanden kalt lassen. Wie ist es einzuordnen, dass derselbe Jochen Walter, der sich noch im Januar geoutet hatte, neben dem Vertreter der niedergelassenen Ärzte, Dr. Gottfried Färber, als einziger gegen die Trennung vom Vorstandsvorsitzenden, Krankenhausdirektor Dr. Martin Biller, gestimmt zu haben, jetzt -ohne erkennbare Not- den inzwischen von einer nachgeschobenen fristlosen Kündigung (im wahrsten Sinne des Wortes:) Betroffenen öffentlich derart an den Pranger stellt? Welche Kräfte wirken da auf den ansonsten als „Moderator“ geschätzten Ersten Bürger ein, dass er in dieser Sache so offensiv nach vorne geht?


Was, wenn auch Bürgermeisterwahl wäre?

Und auch diese Frage dürfte in einem Blog zur Kommunalwahl erlaubt sein: Was wäre los, wenn nicht nur der Rat, sondern auch der Bürgermeister zur Wahl stünde? Hätte der Amtsinhaber, wenn er sich selbst zur Wiederwahl hätte stellen wollen, auch kurz vor dem Urnengang einen solchen Schritt gewagt?
Man könnte es allerdings auch anders sehen: Vielleicht bezieht er jetzt nur deshalb so klare Position, weil er meint, sich das leisten zu können, weil er ja weder am Sonntag zur Wahl steht noch im September 2015 für eine dritte Amtszeit kandidieren will? –Genug Stoff jedenfalls, um über die Mechanismen von Kommunalpolitik an dieser Stelle nachzudenken.


Starke Worte für liberale Kirche

Und nun die gute Nachricht, obwohl dieser weitere „Kracher“, den Sie heute in der „Glocke“ lesen können, zu Unrecht fast an den Rand gedrängt ist: Einer, der sich auch nicht basisdemokratisch wählen lassen muss, hat gleichwohl oder gerade deshalb so mutige wie riskante politische Aussagen gewagt: Laurentius-Pfarrer Peter Lenfers hat in einer Predigt starke Worte für eine liberalere katholische Kirche gefunden: Für Frauen im Priesteramt, gegen den Zölibat, für mehr Rechte von wiederverheirateten Geschiedenen in der Kirche und mehr Achtung für andere Weltreligionen. Alle Achtung. Eine so mutige Positionierung möchte man sich von manchem Politiker wünschen, der am Sonntag zur Wahl steht. In Europa oder in Warendorf.

Der Applaus aus dem Kirchenschiff hat gezeigt, dass es sich lohnt, auch mal querzudenken und zur Not querzuschießen. Hoffentlich sieht das der Bischof von Münster auch so.

Mittwoch, 21. Mai 2014

Noch 4 Tage: Markt-Wirtschaft und Steuer-Geld

Von PETER WILD


In unserem Wahl-Tagebuch haben wir es gestern noch beklagt: Warum wird der aktuelle Aufreger Marktplatzsanierung eigentlich nicht das Wahlkampf-Thema schlechthin? Wo, wenn nicht bei diesem populären Thema, bei den scheinbar jeder mitreden kann, können die zur Ratswahl am 25. Mai antretenden politischen Gruppierungen ihre unterschiedlichen Positionen deutlicher machen? Jetzt, so kurz vor der Wahl, beeilen sich die Parteien, zum Thema etwas nachzuschieben.

„Die Glocke“ fasst in ihrer heutigen Lokalausgabe den aktuellen Stand der Diskussion zusammen. Trotz hier und da konkretisierter Positionierung wird klar: Bis auf die FDP, die eine Neugestaltung des gesamten Platzes kategorisch ablehnt und die auch maßgeblich das Bürgerbegehren mit steuert, tun sich alle anderen schwer und setzen darauf, Kompromisse auszuloten.


Nur Liberale mit "Klartext"?

Sind also die Liberalen die einzigen, die „Klartext reden“, wie es auch auf den Wahlplakaten der mit derzeit fünf Ratsmitgliedern (neben der FWG) kleinsten Ratsfraktion heißt? Hier sollte man sich in Erinnerung rufen, dass es die FDP-Fraktionsspitze war, die erst kürzlich mit einer ebenso kompromisslosen, vorzeitig verkündeten kategorischen Position eine politische Bauchlandung gemacht hat: Auf gar keinen Fall wollte die FDP den von der Stadtverwaltung vorgeschlagenen Ausbau der Gesamtschule am Standort Nord mittragen. Das wurde wenige Tage vor einem zur Information der Politiker gedachten Ortstermin in der Gesamtschule per Antrag formuliert. Und es wurde wiederum wenige Tage vor einem vom Bürgermeister anberaumten Workshop zum Thema bei einer Parteiversammlung noch einmal unterstrichen. Nach dem Workshop kam die Wende: Man habe sich durch die Kraft der Argumente eines (offenbar Besseren) überzeugen lassen.

Abgesehen davon, dass es in der Politik ehrlich und am Ende auch honorig ist, zuzugeben, dass man seine Meinung geändert hat, zeigt das doch eines: Mit Extrempositionen und Verallgemeinerungen sollte man vorsichtig sein bei hoch komplizierten und sensiblen Themen wie einer Gesamtschulerweiterung. Oder einer Marktplatzsanierung.

Niemand will Geld verschwenden

Was das Projekt Marktplatz angeht, bleibt festzustellen: Egal was von Wahlkämpfern und Stammtischbrüdern behauptet wird – niemand, auch nicht diejenigen, die eher für die „große Lösung“ sind, wollen Steuergeld zum Fenster herauswerfen. Jeder, auch jeder Vertreter einer jeden Partei, will das Projekt so kostengünstig und werthaltig wie möglich und das mit kürzestmöglicher Bauzeit verwirklichen. Und dass statisch (nur) das gemacht werden soll, was für die zu erwartende Belastung unbedingt erforderlich ist, wird auch Konsens sein.

Niemand, auch nicht die Bauexperten der Stadtverwaltung, würden den Untergrund metertief auskoffern, wenn es nicht bautechnisch erforderlich wäre. Ob es das ist, wird noch zu prüfen sein – vorher, denn wenn hinterher Steine locker werden und sich Belastungsstellen absenken, stehen die gleichen Leute, die heute den teuren Ausbau kritisieren, wieder in der ersten Reihe und werfen den ersten Stein – auf die „Experten“, die nicht für einen ordentlichen Unterbau gesorgt haben.
Und was die Oberflächengestaltung im Detail angeht: Niemand wird den Charakter des Marktplatzes komplett verändern wollen. Welche Steine an welcher Stelle in welchem Verbund gelegt werden, ob Bäume verschwinden oder an anderer Stelle neu gesetzt werden - darüber gibt es bislang keinerlei Beschlüsse.


Reparatur oder Neubau?

Im Grunde genommen geht es um eine Kardinalfrage: kleinteilige Reparatur (das müsste komplett aus der Stadtkasse bezahlt werden) oder großflächige Erneuerung (dafür können wahrscheinlich Landeszuschüsse in Anspruch genommen werden). Das erste könnte die Stadt (sagen wir mal) 300000 Euro kosten, das andere auch, aber dafür gäbe es noch zum Beispiel 600000 Euro Landeszuschuss obendrauf.

Natürlich kann man sich die grundsätzliche Frage stellen, ob Steuergeld für einen schönen Marktplatz (der übrigens ein wesentlicher Faktor für die Wirtschafts- und Tourismusförderung ist) ausgegeben werden soll. Aber die 300000 Euro aus der Stadtkasse wären auch Steuergeld. Wenn es am Ende für Flickwerk ausgegeben würde, müsste man auch darüber noch einmal nachdenken.
Auch über seine Wahlentscheidung am Sonntag. Aber es sind ja noch vier Tage Zeit.

Dienstag, 20. Mai 2014

Noch 5 Tage: Endlich ein Wahlkampfthema - leider!


Von PETER WILD

Da haben wir es an dieser und anderer Stelle in den vergangenen Tagen und Wochen immer wieder beklagt: Was ist das nur für ein lahmer Wahlkampf!? Selbst das vermeintliche Aufreger-Thema Marktplatzpflasterung mit dem noch völlig unausgegorenen Bürgerbegehren dazu scheint niemanden so wirklich in Wallung zu bringen. Stattdessen kommt jetzt, zur Unzeit, ein Thema in die Schusslinie, das sich für politische Grabenkämpfe so gar nicht eignet: das personelle Führungs-Debakel beim Josephs-Hospital.

Kaum ist die fristlose Kündigung des ohnehin zum 31. Dezember aufs Abstellgleis rangierten Vorstandsvorsitzenden bekanntgeworden, bringen sich bereits Politiker in Stellung und wittern die Chance, parteipolitisches Kapital aus dem Dilemma zu schlagen. Dabei wird sogar gemutmaßt, es sei ein gesteuerter Coup, so kurz vor der Wahl einen Befreiungsschlag auf Kosten des Betroffenen zu setzen.

Gezielte Meinungsmache


Das ist genauso überzogen wie es die beinahe peinlich anbiedernde Glorifizierung des jetzt fristlos Geschassten war, als das Kuratorium beschlossen hatte, dessen auslaufenden Vertrag nicht zu verlängern. Durch gezielte Meinungsmache interessierter Kreise wurde seinerzeit ohne detaillierte Kenntnis der (Hinter-)Gründe eine öffentliche Stimmung gegen das Kuratorium angeheizt, die bar jeder Objektivität war.

Parteipolitik sollte draußen bleiben bei der Diskussion der Personalie des Vorstandsvorsitzenden  des Josephs-Hospitals und bei der -allerdings notwendigen- Erneuerung des Konstrukts "Kuratorium".

Damals war es formal schlicht und einfach die Entscheidung des Aufsichtsrats, den fristgemäß auslaufenden Vertrag eines gut bezahlten Managers nicht zu verlängern. Ein ganz normaler Vorgang, der diesem (und nur diesem) Gremium zusteht. Auch eine formaljuristische Überprüfung durch die Stiftungsaufsicht hat das bestätigt. Diesmal ist es eine fristlose Kündigung. Ob diese berechtigt ist oder nicht, muss im Zweifel wieder juristisch geklärt werden. Aber auch diese Frage, wieder ohne ausreichende Kenntnis des Sachverhalts, eignet sich wieder nicht für ein öffentliches Scherbengericht – sowieso nicht zulasten des Betroffenen, aber auch nicht über die Entscheidungsträger.


Zeigefinger gegen andere


Und warum ist „die Politik“ wieder so schnell bei der Hand? Die Antwort könnte sein: Weil sie ja nicht selbst zum Kreis der honorigen Bürger zählt, die solche schwierigen und sicher nicht leichtfertig getroffenen Entscheidungen zu verantworten haben. Da kann man leicht mit dem Finger auf andere zeigen. Anders als in vielen anderen Aufsichtsräten werden im Kuratorium, das weder dem Staat noch der Kirche, sondern nur der Stiftung gegenüber verpflichtet ist, die Sitze nicht nach parteipolitischem Proporz vergeben. Und das ist auch gut so.

Was ist denn die Alternative? Wollen wir wirklich ein kommunales Krankenhaus und dass womöglich zum Beispiel die Stadt Warendorf (und damit der Steuerzahler) das wirtschaftliche Risiko trägt? Wollen wir wirklich einen Aufsichtsrat, in dem streng nach Proporz Ratsmitglieder sitzen? Ist demokratisch legitimierte Kontrolle eigentlich ein Wert an sich und garantiert sie automatisch für den erforderlichen wirtschaftlichen Sachverstand?

Transparenz ja, Politik nein


Zugegeben: Das intransparente Konstrukt „Kuratorium“ gehört runderneuert, völlig unabhängig von der Kompetenz der bis jetzt dort handelnden Personen. Die Zusammensetzung des Gremiums sollte den aktuellen Anforderungen an die Führung und Kontrolle eines modernen Wirtschaftsunternehmens in der hoch komplizierten Gesundheitsbranche angepasst werden. Aber die Erneuerung muss von innen heraus kommen, die Politik sollte sich da heraushalten, zumal da in anderen Fällen immer beklagt wird, dass Politikern die Aufsichtsratsposten geradezu nachgeworfen werden. Dann wird immer nach der Sachkompetenz gefragt und gefordert, stattdessen „unabhängige“ Experten in die Gremien zu holen.


Lobbyismus auf den Prüfstand


Aber Abhängigkeiten gibt es ja bekanntlich nicht nur bei Parteipolitikern. Da müsste vielmehr der gesamte Lobbyismus hinterfragt werden – auch bei diesem Kuratorium. Da ist es aber nicht damit getan, nach dem alten Strickmuster –zwei links, drei rechts, einen fallenlassen– jeweils dem politisch andersdenkenden Lager vorzuwerfen, ein solches Gremium für sich zu instrumentalisieren. Es braucht schon mehr Fantasie und Esprit, um das Problem zu lösen. Hier darf man ausnahmsweise mal froh sein, dass das Krankenhausmanagement in keinem der Parteiprogramme zur Kommunalwahl 2014 ein Thema ist. Und deshalb sollte es auch aus dem Wahlkampf herausgehalten werden. Es sind ja nur nur fünf Tage.

Montag, 19. Mai 2014

Noch 6 Tage: Wahlkampfstrategie mit Köpfchen?

Von PETER WILD

Politik ist Kopfsache. Bei den meisten jedenfalls. Entscheidungen aus dem Bauch heraus sind manchmal auch nicht schlecht, und wenn sie von Herzen kommen, erst recht nicht. Aber es ist doch gut, dass die meisten Politiker sich als Kopfmenschen verstehen. So viele Herzen oder womöglich gar Bäuche an Laternenpfählen wäre auch nicht sehr appetitlich.

Aber seien Sie mal ehrlich: Geht Ihnen die Vielzahl dieser Kopfmenschen, die Ihnen zurzeit in Warendorf an allen Straßenecken und –besonders beliebt– an vielbefahrenen Kreuzungen am Straßenrand entgegenblicken, auch ein bisschen auf den Geist? Das hält man ja manchmal am Kopf nicht aus.

 

Qualitätsprobleme beim Finish

CDU, SPD, FDP und Grüne werben massiv mit Porträtfotos ihrer Wahlbezirkskandidaten. Dabei ist die Qualität der Fotos durchaus sehr unterschiedlich. SPD- und Grünen-Politiker kommen ein wenig düster daher, um nicht unterbelichtet zu sagen – natürlich nur von der Wirkung des Gesamtbildes, nicht geistig-inhaltlich. Irgendwo scheinen diese Parteien am falschen Ende gespart zu haben. Denn nur wenn Fotografie, Grafik und Druck perfekt zusammenspielen, wirkt das Endergebnis professionell. Dass ausgerechnet die Ökopaxe ihre Wahlplakate noch in Klarsichtfolie einpacken, mag gegen Verwitterung vor allem bei Regen helfen, trägt aber weder zur Brillanz der plakativen Aussage noch zur Umweltbilanz bei.

Strahlend im wahrsten Sinne präsentieren sich die CDU-Kandidaten. Leider hat man hier etwas übertrieben nachgeholfen mit den einschlägig bekannten Bildbearbeitungsprogrammen: Zuviel Helligkeit, zu harte Kontraste– das wirkt alles etwas unnatürlich und wie aus der Retorte. Einzig bei der FDP sind die Porträts stimmig. Wenn es danach ginge, müssten die Liberalen diesmal deutlich zulegen.
 

Inhalte eher Nebensache

Danach geht es aber wohl nicht. Das glauben zumindest die Freien Wähler, die konsequent komplett auf Plakatierung verzichtet haben. Lediglich die Kreistagskandidaten der FWG gibt es als Kollektiv zu begucken. Da es drei von Vieren dieselben Köppe sind wie bei den Stadtratskandidaten, sind letztere also irgendwie doch plakatiert. Inkonsequenz oder Pluralität? Das mag jeder individuell anders sehen.

Ach ja, Plakate mit inhaltlichen Aussagen gibt es auch noch. Auch da ist die FDP mit Aussagen wie „Lieber Schuldenabbau als Marktplatzausbau“ gar nicht schlecht dabei. Ob ihnen das aber was nützt, wenn die Wähler doch andererseits auf jedem CDU-Plakat eingehämmert bekommen: „Wir haben den Stadt-Plan“?

Wenn das doch die Liberalen nur eher gewusst hätten. Dann hätten sie bestimmt Parolen wie „Freiheit statt Plan-Wirtschaft“ plakatiert.

Sonntag, 18. Mai 2014

Noch 7 Tage: Jecken checken bei der Kandidatensuche

Von PETER WILD

Wer sich das Personalangebot der Warendorfer Parteien zur Ratswahl am 25. Mai ansieht, der wird jeck. Die Dichte von aktiven Karnevalisten war in einer politischen Truppe noch nie so groß wie bei dieser Wahl.

Vom „Bazillus carnevalensis“ infiziert ist vor allem die CDU: Gleich drei ehemalige Karnevalsprinzen sind mit dem amtierenden Fraktionssprecher Ralph Perlewitz (2005: Ralph I., der flinke Advokat vom närrischen Diekamp), dem amtierenden Ratsmitglied Wilhelm Schöning (2000: Willi IV. von Polizei und Narretei) und dem Mandatsbewerber-Novizen Peter Steinkamp (2009: Peter I., das Sporttalent vom Möbel- und Küchentrend) ganz vorn dabei.


Mit Ober-Möhne und Vize-Präsi a.D.

Und eine Frau macht das jecke Kleeblatt komplett: Ratsfrau Bianca Füchtenkötter hatte zwar noch nicht die Chance, bei der auf männliche Tollitäten festgelegten Warendorfer Karnevalsgesellschaft den Thron zu erklimmen, hat sich als Führungsfigur der Warendorfer Möhnen aber ihre karnevalistische Nische (sozusagen die beste aller möglichen) gesichert. Und dann wäre da noch die inzwischen leicht graulockige Eminenz des jecken Frohsinns, Hermann-Josef Vinke, der zwar nie Prinz, aber viele Jahre Vize-Präsi der WaKaGe war.

Übrigens ist zurzeit die christdemokratisch-närrische Liäson besonders heftig, sie hat aber durchaus Tradition, wenn man weiter zurückblättert in den Annalen: Ehemalige Prinzen wie Karl-Heinz Sondermann („von der Tapetenburg“, 1966) und Otto Strotmeier („der Gewichtige von Freckenhorster Tor“, 1983) saßen einst für die CDU im Rat.

Unter den prinzlichen Brüdern sind gleich vier aktuelle Ratskandidaten (siehe Kringel): Die amtierende Tollität, Prinz Peter II. (Böhm), hat als Roter unter vielen Schwarzen hier endlich mal die Möglichkeit, im Mittelpunjkt zu stehen. Noch im Hintergrund agieren (v.l.) die CDU-Politiker Ralph I. (Perlewitz), Willi IV. (Schöning) und Peter I. (Steinkamp). Aller Voraussicht nach werden alle vier demnächst im Rat sitzen.

Amtierender Prinz ist ein Sozi

Durchaus massiv, wenn auch nur in einer Person gebündelt, tritt die SPD an. Im Wahlbezirk Müssingen schicken die Sozis Peter Böhm ins Rennen. Der ist auf jeden Fall schon mal ganz vorne, weil er nämlich nicht ein Ex-, sondern sogar der amtierende Prinz der WaKaGe ist. Als Peter II. „mit Energie aus der Müssinger Wachkompanie“ hat er in der Vorwahlkampfzeit schon so manchen Salutschuss losgelassen. Er ist der erste Prinz, der sich in seinem Regentenjahr um ein Ratsmandat bewirbt, hat aber kommunalpolitisch sogar früher gewirkt als seine drei prinzlichen Brüder aus der CDU, war er doch bereits in der Wahlperiode 2004 bis 2009 im Rat.

"Wilde Reiter" in der Polit-Bütt

Über einen längeren Zeitraum gerechnet, hat aber auch die SPD in der karnevalisch-politischen Schnittmenge durchaus Klasse und Masse zu bieten: Sowohl Reimund I. (Juli), „der Pauker von der roten Burg“ (1993) als auch „Uwe I. (Kurth) „von Rat und Tat“ (1987) waren während ihrer aktiven Zeit als Ratsmitglieder Karnevalsprinzen. Beide waren übrigens bereits 1979 erstmals in den Rat gewählt worden und zusammen mit (mehr an Kultur als an Karneval interessierten) Professor Dr. Franz-Rainer Stuke Begründer der legendären „Wilde-Reiter-GmbH“ der jungen Sozis, die damals die CDU-dominierte Ratspolitik schwer auf Trab gebracht haben.
Vom den anderen Parteien ist nachhaltiges karnevalistisches Engagement nicht aktenkundig – wenn man mal davon absieht, dass der „rote“ Uwe Kurth später zur FWG konvertiert und seinen karnevalistischen Bekanntheitsgrad mit eingebracht hatte. Lediglich Addy I. (Bröggelhoff) „von den Klüngelender Pielepoggen“ hat einst den närrischen Moritz mal kurzfristig in der FWG-Fraktion geschwungen.
Von der FDP und den Grünen ist nicht bekannt, dass sie bisher karnevalistische Naturtalente hervorgebracht hätten. Wenn man sich die Kandidaten ansieht, kann man ihnen aber ohne weiteres Potenzial bescheinigen: Da ist mehr drin, Leute!

Samstag, 17. Mai 2014

Noch 8 Tage: Wann kommt die Politik auf den Hund?

Von PETER WILD

Beim Schnüffeln in den Wahlprogrammen der sechs für den Rat in Warendorf kandidierenden politischen Gruppierungen haben wir viel entdeckt, was keinen unterscheidet (zum Beispiel sind sparsame Haushaltsführung bei möglichst geringer Verschuldung und sinnvollen, gezielten, nachhaltigen Investitionen bei allen Parteien im Grundsatzprogramm) und hier und da auch was, womit sich einer deutlich von anderen abhebt. Aber es gibt auch Themen, die gar nicht vorkommen. Zum Beispiel ist keine Partei auf den Hund gekommen.

Kein Wort zum Thema Hund

Das ist nicht zu fassen: Nirgendwo auch nur ein Wort, das wahlweise Hundefreunde oder Hundehasser überzeugen könnte, die eine oder andere Partei zu wählen. Gerade deshalb hätte man sich hier mit einem einzigen Programmpunkt ein Alleinstellungsmerkmal sichern können, das Wählerstimmen bringt.
Dabei muss man sich einmal vor Augen führen, welches Potenzial da brachliegt: Es werden laut Stadtverwaltung im gesamten Stadtgebiet rund 2800 Hunde gehalten. Offiziell jedenfalls, wer weiß, wie viele Bellos trotz Schnüffel-Offensive der kommunalen Steuerverwaltung im vergangenen Herbst immer noch illegal, das heißt ohne Steuermarke, in dieser schönen Stadt leben.

Aber nur mal die offizielle Zahl als Basis genommen: 2800 Hunde leben in Haushalten mit im Schnitt, sagen wir mal, jeweils zweieinhalb Wahlberechtigten. Damit wären es rund 7000 potenzielle Wähler, die sich dem Hund als dem besten Freund des Menschen nahe fühlen. Wenn man bedenkt, dass bei der vergangenen Ratswahl (leider nur) gut 18 000 Stimmen abgegeben wurden, wären das annähernd 40 Prozent. Damit könnte man schon Wahlen entscheiden.

Wäre das ein Spaß für alle Hundefreunde:  Freilaufflächen und Agility-Parcours in allen Ortsteilen. Aber nichts in den Parteiprogrammen! Da stellt sich die Frage: Wieso ist eigentlich noch kein Lokalpolitiker auf den Hund gekommen? Das Wählerpotenzial müsste  gigantisch sein.

Wahlversprechen als Selbstläufer

Was könnte man Hundefreunden nicht alles versprechen, um sie zu ködern: Auslaufflächen und Freispielplätze, in jedem Ortsteil einen Agility-Parcours, subventionierte Welpenschulen und Hundeführerkurse (ausgebildete Hunde mit gutem Sozialverhalten dienen schließlich auch dem gesellschaftlichen Miteinander der zum Thema Hund gespaltenen Bevölkerungsgruppen), kommunale Leihhunde zur Bespaßung von Senioren in den Altenzentren (wird bei dem vielzitierten demografischen Wandel immer wichtiger) wie auch der Kleinen in den Kindergärten (eine sinnvolle familienpolitische Investition zur Zukunftssicherung). Die Liste ließe sich fortführen. Von der Reduzierung oder gar einem Verzicht auf die Hundesteuer (die 200 000 Euro könnte man auch woanders locker einsparen) ganz zu schweigen.
Und wie toll könnten Parteien damit werben! Die FDP zum Beispiel könnte sich bei Hundefreunden unsterblich machen mit der radikalliberalen Forderung: „Freiheit für alle. Weg mit dem Leinenzwang.“ Nun gut, ob das bei Kritikern der Hundehaltung gut kommt, lassen wir mal dahingestellt.

Mit Schietbüdel Wahlerfolge eintüten

Aber sicher gibt es auch zum Thema Hund Maßnahmen, mit denen man Hundefreunde wie Hundehasser überzeugen könnte: Eine städtische Offensive zur Aufstellung und regelmäßigen Unterhaltung von Hundekotbeutelspendern (woanders auch gerne Schietbüdel genannt) wäre ein Projekt, das die erwähnten 7000 Hundefreunde und weitere, sagen wir mal, 7000 Hundehasser gleichermaßen erfreuen könnte. Macht 14000 potenzielle Wähler, das wäre locker eine Dreiviertelmehrheit im Rat.
Die Parteien werden sich in den Allerwertesten beißen, dass darauf (vor mir) noch keiner gekommen ist. Im nächsten Leben werde ich Parteienberater. Oder Hund.

Freitag, 16. Mai 2014

Noch 9 Tage: Entspannung vor Beelener Gipfeltreffen

Von PETER WILD

So wirklich mitreißend ist er (noch) nicht, der Kommunalwahlkampf anno 2014. Wo sind die Themen, wo die Charakterköpfe, an denen sich die politischen Geister scheiden?
In Warendorf fehlt denn doch der Wahlkampf um das Bürgermeisteramt, der die Kommunalwahlen 2004 und 2009 dominiert hatte. Bei den beiden zurückliegenden Wahlen hatten die Zweikämpfe zwischen Amtsinhaber Theo Dickgreber (CDU) und Herausforderer Jochen Walter (parteilos) sowie zwischen Amtsinhaber Jochen Walter und Herausforderer Marc-André Burgdorf (CDU) so übertüncht, dass das Fehlen großer Streitthemen zwischen den Ratsfraktionen gar nicht so auffiel.
Diesmal fällt es auf, dass auffällig wenig Polarisierendes aufs Tapet kommt. Auch von einer Schlacht an den Infoständen –ob mit Argumenten oder „Giveaways“– kann beim Straßenwahlkampf nicht die Rede sein, wie in einem Beitrag in der heutigen „Glocke“-Ausgabe Warendorf berichtet wird.

 

Beelen in Gallien?

In Anlehnung an das berühmte Vorwort in den Asterix-Comics möchte man sagen:
Wir befinden uns im Jahre 2014 n.Chr. Ganz Westfalen ist von kommunalpolitischer Lethargie befallen. Ganz Westfalen? Nein! Ein von unbeugsamen Kämpfern vom Stamme Beelens bevölkertes Dorf hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten.
Und tatsächlich: Während in Warendorf und Everswinkel die Bürgermeister ein Jahr in die Verlängerung gehen, sich in Sassenberg König Josef (Uphoff) ohne Widersacher in einer Volksabstimmung zu einem sicher sehr hoch zweistelligen Ergebnis bis 2020 bestätigen lassen darf, mausert sich Beelen als kleinste Gemeinde im Kreis zum Nabel des Kommunalwahlkampfs. Da haben wir also mit der Wahl des Veranstaltungsorts für unsere politische Talk-Runde „Halb acht“ am kommenden Dienstag (20. Mai, 19.30 Uhr, Saal Schumacher) goldrichtig gelegen!

Das sind die Kontrahentinnen in Beelen: Bürgermeisterin Elisabeth Kammann (FWG, links) und ihre Herausforderin, Bettina Papenbrock (FDP). Dank freundschaftlicher Umarmung gelang es dem verkehrspolitischen Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Christof Rasche, bei einer Veranstaltung  am 7. April in Beelen, beide auf ein Foto zu bekommen. "Die Glocke" und "Radio WAF" bieten beiden Frauen am 20. Mai beim Polit-Talk "halb acht" eine gemeinsame Couch-Sitzung an.


Besondere politische Konstellation

Was ist in Beelen anders als in anderen Orten des westfälischen Galliens? Nun: Erstes gibt es hier seit vielen Jahren eine besondere politische Konstellation: Nirgendwo sonst in der Region hat eine Freie Wählergemeinschaft die Mehrheit im Rat. Zwar ist ein parteifreier Bürgermeister inzwischen durchaus nicht mehr so selten wie noch vor einigen Jahren, aber eine FWG-Bürgermeisterin mit eigener Ratsmehrheit ist noch immer im höchsten Grad exotisch. Allein die immergrüne Diskussion um die Frage, ob der direkte Draht von CDU- oder SPD-Bürgermeistern über die Parteischiene nach Berlin oder Düsseldorf nicht doch besser ist als der einer freien Einzelkämpferin ohne Parteibuch, ist schon spannend.
Elisabeth Kammann ist schon zweimal in Direktwahl in das Amt gewählt worden, gegen insgesamt drei Konkurrenten mit CDU- und SPD-Parteibuch. Erstmals tritt mit Bettina Papenbrock jetzt eine Frau gegen sie an, und zwar auf Ticket der FDP. Das riecht angesichts der Nominierung durch die kleinste Ratsfraktion zunächst einmal nicht nach einem Machtwechsel, aber Überraschungen sind in Beegallien nie ausgeschlossen.

Kreis-Prominenz kommt

Dass am Dienstag zu „halb acht“ auch die Polit-Prominenz auf Kreisebene, Landrat Dr. Olaf Gericke (CDU) und sein Herausforderer Franz-Ludwig Blömker (SPD) auf die Talk-Couch kommen, macht Beelen vollends zum Zentrum des regionalen Wahlkampfs. Besondere Brisanz hat das Gipfeltreffen zwischen der Bürgermeisterin der kleinsten Gemeinde des Kreises und dem Landrat durch eine kommunalaufsichtsrechtliche Prüfung der „freihändigen“ Vergabepraxis kommunaler Planungsaufträge ausschließlich an gelistete Beelener Architekten. Eine Rüge des Landrats hätte die Bürgermeisterin in Erklärungsnot gebracht.

Kommunalaufsicht: Entwarnung

Seit gestern Abend ist das Damoklesschwert aus der Luft: Kommunalrechtlich sei die Vergabepraxis des Rats in Beelen nicht zu beanstanden, hat der Landrat entschieden. Politisch aber kann man darüber durchaus unterschiedlicher Meinung sein. Das ist auch gestern Abend im Rat deutlich geworden. Als Gesprächsstoff für die Diskussion am Dienstagabend ist das Thema also nicht vom Tisch. „Die Glocke“ und „Radio WAF“ laden Bürgermeisterin und Landrat ein, gemeinsam auf unserer Couch Platz zu nehmen und den Wählern das alles zu erklären. Man darf gespannt sein.

Donnerstag, 15. Mai 2014

Noch 10 Tage: Von Wechselwählern und Wackelkandidaten

Von PETER WILD

Es ist nichts so beständig wie der Wechsel, sagt man. Auch die Demokratie lebt vom Wechsel. Soviel ist sicher. Insofern sind auch Wechselwähler nicht zwangsläufig orientierungslos, und Wechsel-Politiker müssen nicht gleich Wackelkandidaten sein. Aber sicher ist auch: Ein Parteiwechsel bei einem Wähler ist nicht so ungewöhnlich wie ein Parteiwechsel eines Politikers. Und es gibt ihn doch, sogar direkt unter uns.
Den Wechsel wählen: Das ist nicht nur das Motto vieler Bürger an den Urnen. Manchmal sorgen auch Parteiwechsel von Politikern für interessante Konstellationen - auch in Warendorf.

Ticket-Tausch in Freckenhorst

Wer heute in „Die Glocke“ schaut und auf der zweiten Seite des Warendorfer Lokalteils die Rats-Kandidatenvorstellung ansieht, der wird auf den ersten Blick nichts Ungewöhnliches erkennen. Auf den zweiten aber doch: Für die Grünen kandidiert Veli Firtina im Wahlbezirk 18 (Freckenhorst). Nicht weil er ein Ur-Warendorfer mit türkischen Wurzeln ist, fällt er ins Auge, sondern weil er 2004 und 2009 noch für die FDP kandidiert hatte Das hätte er eigentlich auch 2014 sollen. Die Stadtverbandsvorsitzende der Liberalen, Anita Stakenkötter, hatte ihn sogar schon auf die Liste gesetzt, ein Parteitag hatte (in seiner Abwesenheit) seine Kandidatur abgesegnet. Und dann teilte Firtina mit, dass er diesmal lieber für die Grünen kandidieren würde. Die hatten zunächst auch ein Problem mit dem überraschenden Wechsel, boten ihm dann aber doch politisches Asyl und einen Wahlkreis an.

Parteifreunde werden Konkurrenten

Pikant ist, dass der ergrünte Ex-Liberale nun ausgerechnet im Wahlbezirk von Anita Stakenkötter antritt, der Frau, der Firtina unterstellt hat, sie habe ihn ungefragt wieder auf die FDP-Liste gesetzt. Was sie bestreitet. Die einstigen Parteifreunde sind nun Konkurrenten. Ob Firtina (und den Grünen) der Wechsel nützt, bleibt abzuwarten. 2009 lag die FDP in diesem Wahlbezirk fast fünf Prozent vor den Alternativen, die jetzt ein kleines Bißchen rest-liberal schimmern.
Platz drei ging vor fünf Jahren übrigens an die FWG. Für die kandidiert wieder Werner Suntrup. Der Öko-Landwirt hätte auch gut für die Grünen antreten können. Tat er auch, und zwar zum Beispiel noch 1999. In den 80er-Jahren war er Gründungsmitglied der Grünen gewesen. Aber 2004 stand er plötzlich als Kandidat auf der Liste der Freien Wählergemeinschaft. Er sei inzwischen „überzeugt parteifrei und unabhängig“, teilte er damals dem Wähler mit – und das ist auch heute noch so. Und gut so, wird die FWG sagen.

August, die deutsche Eiche, wacklt nie

Wechselstimmung also im Wahlbezirk 18 in Freckenhorst. Dass auch das Direktmandat wechselt, ist eher unwahrscheinlich. August Finkenbrink will seine fast 40 Prozent mannhaft verteidigen. Der kernig-westfälische Landwirt war schon immer (und bleibt es wohl auch ewig) CDU. Wie eine deutsche Eiche. Da wackelt nichts.
Übrigens vor der Wahl zu wechseln ist immer noch weniger ein Aufreger als nach der Wahl. Das hat es auch schon gegeben, und zwar ganz prominent: Einer der profiliertesten Ratsherren der vergangenen drei Jahrzehnte, der zu früh verstorbene Uwe Kurth, hatte als SPD-Mann dreimal seinen Wahlbezirk im Warendorfer Norden als Direktkandidat gewonnen und wechselte aus Verärgerung über Bundes- und Landes-Sozis 1992 mitten in der Wahlperiode zur FWG. Die bis zu 52 Prozent, er als Sozialdemokrat in seinem Wahlkreis eingefahren hatte, schaffte er zwar bei folgenden Wahlen nicht mehr. Aber auch als Parteifreier blieb er ein Charakterkopf mit Charisma und Führungsqualitäten in der Kommunalpolitik.

Uwe Kurths große Fußstapfen

Daran müsste Firtina noch arbeiten. Kann ja noch kommen, Er ist ja erst 43. Velicht (Achtung: dies ist ein eingebauter „Druckfehler"!) gibt es ja zur nächsten Wahl wieder eine Wechselstimmung. Und wer weiß: Wenn August, der Starke, 2020 mit 74 nicht mehr kandidieren sollte, wird ja auch der Wahlkreis frei.

Mittwoch, 14. Mai 2014

Noch 11 Tage, aber nur eine Woche bis "halb acht"

Von PETER WILD

Für Lokalzeitzungen und Lokalradio haben Kommunalwahlen traditionell einen hohen Stellenwert. Hier an der Basis, in den Räten der Stadt und Gemeinden sowie im Kreistag werden jede Woche wichtige Themen beraten und idealerweise auch entschieden, die unmittelbar Einfluss haben auf das Leben der Menschen in der Region.


Journalisten keine Chronisten

Dabei sind die Redakteure längst nicht mehr überwiegend Chronisten, die sich darauf beschränken, Beratungen und Beschlüsse in Ausschuss-, Rats- und Kreistagssitzungen protokoll-artig wiederzugeben. Wir sehen uns in erster Linie verpflichtet, Themen und Diskussions- und Entscheidungsprozesse transparent und für den Bürger, den Leser und Hörer, nachvollziehbar zu machen. Kurz und gut: Wir wollen Politik interessant machen und Menschen dazu animieren, sich aktiv einzubringen in politische Prozesse.
Dass sich zwischen Journalisten einerseits und Politikern und Parteien andererseits dadurch automatisch auch ein latenter Konflikt ergibt, liegt auf der Hand. Wenn es anders wäre, müssten wir auch unser Selbstverständnis hinterfragen. Gleichwohl sitzen wir alle in einem Boot, wenn es darum geht, Politikverdrossenheit entgegenzuwirken.

Bei der politischen Podiumsdiskussion "Halb acht" am 20. Mai (19.30 Uhr, Gaststätte Schumacher) in Beelen werden (v.l.) Peter Wild, Leiter der Lokal- und Kreisredaktion Warendorf der "Glocke" , und Frank Haberstroh, Chefredakteur von Radio WAF, die Moderation übernehmen.

Medien scheuen die Bühnen nicht

Wir können und wollen im Wahlkampf nicht über jeden Info-Stand einer Partei und jeden Betriebsbesuch eines Bürgermeisterkandidaten berichten. Die potenziellen Wähler über seine Ziele aufzuklären und sich selbst zum Beispiel über die Probleme und die Kritik von Wirtschaftsunternehmen zu informieren, ist geradezu die Pflicht eines jeden Kandidaten, und dazu braucht es nicht jedes Mal der Begleitung durch „die Presse“.
Daher wollen wir als Medien andere, eigene Schwerpunkte setzen. Wir versuchen, Programme und Personen vorzustellen. Das geschieht überwiegend im Medium selbst. Ein ergänzendes Angebot machen „Die Glocke“ und „Radio WAF“ am Dienstag, 20. Mai, ab 19.30 Uhr im Rahmen einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung in der Gaststätte Schumacher in Beelen. Wir scheuen also die Bühne nicht und haben die beiden Kandidaten für den Chefsessel im Kreishaus, Landrat Dr. Olaf Gericke (CDU) und seinen Herausforderer, Franz-Ludwig Blömker (SPD), sowie die beiden Bewerberinnen um das Amt der Bürgermeisterin in Beelen, Amtsinhaberin Elisabeth Kammann (FWG) und Mitbewerberin Bettina Papenbrock (FDP), eingeladen, um auf der Talk-Couch unsere Fragen zu beantworten.

Beelen als "Nabel" der Politik

Warum wird gerade Beelen zum „Nabel“ der kommunalpolitischen Welt? Nun, weil es in der kleinsten Gemeinde des Kreises eine Menge strittiger Themen gibt, zudem ein interessantes Duell zweier ambitionierter Frauen um den Chefsessel im Rathaus. Außerdem kann hier das Verhältnis zwischen dem großen Kreis und einer kleinen Gemeinde exemplarisch thematisiert werden.
Es gibt also Stoff genug zum Diskutieren. Wir haben da schon einige Themen und Pfeile im Köcher. Aber wir hätten darüberhinaus gern von ihnen gewusst: Was würden Sie die Spitzenkandidaten fragen? Wo drückt Sie der Schuh? Welche Problemlösungen erwarten Sie von den Kandidaten? Schicken Sie uns Ihre Fragen und Anregungen, entweder als Kommentar zu diesem Blog-Beitrag oder per E-Mail an die Adresse: halbacht@die-glocke.de

Dienstag, 13. Mai 2014

Noch 12 Tage: Lohnt sich Ehrlichkeit?

Noch 12 Tage: Lohnt sich Ehrlichkeit in der Politik?


Der Satz kommt wie mit einem Hammer: Auf die besorgte Frage von Eltern aus Milte, was die Warendorfer Kommunalpolitik tun könne, um die Sicherheit für Schüler bei der täglichen Fahrt mit dem Linienbus zu verbessern, schreibt der direkt gewählte Ratsherr aus dem Ortsteil, Markus Pletzing: „Das allgemeine Lebensrisiko tritt hinter die mögliche finanzielle Belastung zurück.“ Anders ausgedrückt: Es wäre nicht unmöglich, aber unmöglich teuer, und deshalb lassen wir das. Das nennt man Klartext!

Darf oder muss er es so sagen?

Darf ein Politiker so etwas sagen? Darf er Eltern, die sich um die Sicherheit ihrer Kinder auf dem täglichen Weg zur Schule Sorgen machen, an den Kopf werfen, dass eine Stadt wie Warendorf es aus finanziellen Gründen ablehnt, für ausreichend Sitzplätze in einem Linienbus zu sorgen? Verstehen Väter und Mütter aus Milte, dass der Gesetzgeber sogar vorschreibt, dass sich Erwachsene auf dem Kegelausflug in des „Sauerlandstern“ in einem komfortablen Reisefernbus anschnallen müssen, während Kinder in der „Schulstadt“ wie in einem Viehtransporter zum täglichen Unterricht gekarrt werden?

Gedränge an der Bushaltestelle, der Linienbus kommt, aber schon zu diesem Zeitpunkt stehen die Bus-"Insassen": Mit diesem Bild illustrierte "Die Glocke" im Januar die Situation morgens in Milte. Die Eltern forderten Verbesserungen - und was ist daraus geworden? Wir fragten nach.
Die Frage könnte aber auch anders lauten: Ist es nicht gerade die Pflicht eines gewählten Politikers –CDU-Mann Pletzing hat bei der Wahl 2009 fast 55 Prozent erzielt und lag damit fast 33 Prozentpunkte vor dem nächststärksten Kandidaten von den Grünen – auch vor einer Wahl (er kandidiert am 25. Mai wieder) nicht nur Versprechungen zu machen, sondern auch ehrlich zu sagen, was nicht geht?

Jurist verweist auf Rechtslage

Immerhin: Markus Pletzing ist der einzige, der es gewagt hat, den beschwerdeführenden Eltern in schriftlicher Form mitzuteilen, was Sache ist. Der Jurist hat die rechtliche Lage, für die nicht die Stadt Warendorf, sondern der Gesetzgeber verantwortlich ist, offenbar völlig korrekt dargestellt. Er hatte den Eltern versprochen, deren Anliegen in der größten Ratsfraktion vorzutragen. Er hat Wort gehalten und dann mitgeteilt, die Fraktion habe „einstimmig“ entschieden, dass die Stadt nicht in die Bresche springen soll, wenn das beauftragte Busunternehmen, das wirtschaftlich kalkulieren muss, keine zusätzlichen Kapazitäten zur Verfügung stellt. Einstimmig heißt demnach: auch mit seiner Stimme.

Mutig, ehrlich oder unklug?

Ist das nun mutig, ehrlich oder unklug, wenn ein gewählter Volksvertreter so agiert? Und ist es im allgemeinen Interesse der Steuerzahler richtig, wenn eine Stadt, an den gesetzlichen Bestimmungen orientiert, bewusst in Kauf nimmt, dass ihren jüngsten Mitbürgern in Linienbussen tagtäglich zugemutet wird, was in Reisebussen verboten wäre?
Sagen Sie uns ihre Meinung und kommentieren Sie diesen Blogbeitrag.

Montag, 12. Mai 2014

Noch 13 Tage: Politik-Circus

Noch 13 Tage: Was der Circus mit der Wahl zu tun hat


Von PETER WILD

Kurzzeitig dachten wir, wir könnten mit diesem Blog tatsächlich das schaffen, was wir uns seit der ersten Veröffentlichung vor Wochenfrist erhofft hatten: in einen Dialog oder am besten einen Trialog mit unseren Lesern und Politikern kommen. Die Hoffnung genährt hatte die Tatsache, dass sich mit Ralph Perlewitz (CDU) und Klaus Aßhoff (Grüne) am Freitag sogar zwei Warendorfer Ratskandidaten mit Kommentaren gemeldet hatten. Danke dafür, aber geholfen hat es wenig.

Auch ein Hinweis auf diesen Blog auf der Facebook-Seite „Du bist Warendorfer wenn . . .“ hat nur zu bescheidenen Reaktionen hier und dort geführt. Über Kommunalpolitik konstruktiv zu streiten, ist offensichtlich zu anstrengend – da ereifert man sich lieber mit zig Kommentaren zu der Frage, ob ein Circus, in dessen Programm Tiere auftreten, nicht am besten grundsätzlich mit einem Auftrittsverbot belegt werden sollte.

"Die da oben"

Übrigens wissen die nach eigenem Empfinden gut informierten Kritiker, auch ohne sich das selbst anzusehen, dass jeder Circus auf jeden Fall gegen Tierschutzbestimmungen verstößt. Genauso wie nach eigenem Empfinden natürlich niemals schlecht informierte Kritiker von Politikern jeder Art behaupten, „die da oben“ machen hinter sowieso was sie wollen.

Circus und Politik - manchmal gibt es hier wie da Balanceakte und clowneske Vorstellungen.

Alles verbieten?

 
Vielleicht ist ja gerade das die Lösung! Vielleicht sollten die Parteien mal so etwas in ihre Programme aufnehmen: Circus verbieten (Tierschutz), Fleischgrillen verbieten (wahlweise Tierschutz oder Menschengesundheit), Glockengeläut verbieten (Lärmschutz für Sonntagsmorgenslangschläfer), Open-Air-Veranstaltungen verbieten (Lärmschutz für Samstagsabendsfrühschläfer), Haustierhaltung verbieten (Weg mit der Kacke in den Grünanlagen!). Auch verkaufsoffene Sonntage könnte man verbieten lassen, wegen des Familienlebens. Oder die Sonntagsöffnung sogar grundsätzlich vorschreiben, wegen des Familienlebens?

Man könnte wahlweise die ausufernde Mäanderng der Ems mit regelmäßiger Zwangsüberschwemmung landwirtschaftlicher Flächen (Weg mit der monokulturellen, industriellen Landwirtschaft!) oder das Gegenteil, die Trockenlegung des Flussbetts mit Kanalisierung der Ems in unterirdischen Rohren (Weg mit der Gefahr, dass Kinder oder womöglich gar kleine Hunde beim Spielen ins Wasser fallen können!) fordern.

Der Spaß der anderen

 
Eventuell sollte man es aber gar nicht so fürchterlich konkret machen, sondern allgemeiner: Man könnte eine Programmatik entwickeln, die entweder grundsätzlich alles verbietet, was anderen Spaß macht, oder alles, was einem selbst keinen Spaß macht. Am liebsten beides. Mit einem solchen Sowohl-als-auch-Wahlprogramm wäre dann auch jede Partei für jeden wählbar. Und Demokratie wäre endlich nicht mehr so anstrengend.


Sonntag, 11. Mai 2014

Noch 14 Tage - und 6 bis Jugendwahl

Noch 14 Tage – aber nur noch 6 bis zur Jugendwahl

Von PETER WILD

Gut eine Woche vor dem großen Wahltag in NRW –am 25. Mai werden Europaparlament und die kommunalen Vertretungen gewählt– findet bereits am 16. Mai eine Vor-Wahl statt: eine Jugendwahl.
Es ist zwar noch nicht die Wahl eines neuen Jugendparlaments für Warendorf, das einige der politischen Parteien sogar in ihren Programmen stehen haben. Aber es ist eine demokratische Abstimmung darüber, was Kinder und Jugendliche aus ihrer Sicht wichtig finden, um sich in einer Stadt wie Warendorf wohlzufühlen. Eine gute Idee.

Urheber ist Oliver Bokelmann, der seit vielen Jahren die Jugendarbeit in Warendorf mit geprägt hat. Der ehemalige Leiter des offenen Jugendtreffs im Martin-Luther-Haus, des @ttic, hat mit seiner gemeinnützigen Gesellschaft für Jugendhilfe, „Mindful“, einen innovativen, interessanten Träger für Maßnahmen in der Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen am Markt etabliert. Und er ist Ideengeber der Jugendwahl.
Jugendwahlen sind keine neue Erfindung. Dieses Bild entstand bei einer solchen Aktion in Berlin. Aber für Warendorf ist das für den 16. Mai geplante Event eine Premiere.

Abstimmung am Freitag, 16. Mai

Zielgruppe sind junge Menschen, die zum Stichtag noch nicht 18 beziehungsweise 16 Jahre alt sind, und somit am 25. Mai nicht bei der Europa- beziehungsweise Kommunalwahl mit abstimmen dürfen. Am Freitag, 16. Mai, dürfen alle Kinder und Jugendliche deshalb im neu entstehenden „Jugendhaus“ (Beckumer Straße 9) ihre Stimme abgeben. Und zwar mit Wahlkabine, Wahlzettel, Wahlurne und anschließender Auszählung der Stimmen.
Ziel ist es, junge Menschen frühzeitig für Politik zu interessieren, mit den Gepflogenheiten der kommunalpolitischen Entscheidungsstrukturen vertraut zu machen. Ziel ist es aber auch, zu erfahren, was junge Menschen eigentlich von ihrer Stadt erwarten. in einer Zeit, in der alle Parteien in ihren Wahlprogrammen über den „demografischen Wandel“ reflektieren (allein das Wort dürfte man eigentlich nicht gebrauchen, um die Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen nicht gleich abzuschrecken), tut es gut, nicht nur über Seniorenzentren und Barrierefreiheit für die Alten nachzudenken, sondern auch darüber, was eine Stadt für junge Familien interessant macht.


Mehr als eine Spielwiese

Zugegeben: Man darf die Vorsorge für eine Bevölkerung, in der die Älteren immer mehr werden, nicht vernachlässigen, aber nur wer auch an die Jungen denkt, wird seiner Verantwortung für den Generationenvertrag gerecht. Darum ist die „Jugendwahl“ am 16. Mai mehr als nur eine demokratische Spielwiese für den Nachwuchs. Sie könnte zu einer Lehrstunde werden für diejenigen, die heute Politik machen. Also, Kinder, geht hin! Und Erwachsene: Hört zu!

Übrigens: Heute ist Muttertag. Gestern haben unter anderem die Vertreter der großkoalitionären Parteien, die sich in Berlin die teuren Mütter- und sonstigen Rentenpläne geleistet haben, in der Warendorfer Fußgängerzone wieder mal Geschenke für Mütter verteilt. Hoffentlich erinnern sie in der neuen Ratsperiode bis 2020 auch daran, was wichtiger als Blumen ist für Familien mit Kindern, um diese Stadt zukunftsfähig zu machen.

Samstag, 10. Mai 2014

Noch 15 Tage: Parteien im falschen Film?

Noch 15 Tage: Kreativer Wahlkampf oder im falschen Film?


Von PETER WILD

Die Erinnerung an Guerilla-Aktion der anonymen Künstler „Lolek & Bolek“, die Warendorf zur Jahreswende mit „Freiheitsmeldern“ beglückten und damit diese Stadt in der Kunst- und Kulturszene sozusagen über Nacht bundesweit bekannt machten, ist noch frisch. So etwas hätten sich auch mal Parteien einfallen lassen können, um sich aus dem Einerlei eines zumeist mausgrauen Wahlkämpfchens herauszuheben. Haben sie aber bislang nicht. Jedenfalls nicht in Warendorf.

Andere sind da schon weiter. Wie weiland unsere Freiheitsmelder, ist innerhalb weniger Tage ein Werbespot zu (allerdings zweifelhafter) Berühmtheit gekommen, mit dem die CDU Ahaus um Stimmen bei der Kommunalwahl buhlt. Wobei es eigentlich muht heißen müsste.
Ob in Zeitungen, Internet oder Magazinen – der wagemutige Imagefilm der Ahauser Christdemokraten, die kein Schwein, sondern eine leibhaftige Kuh durchs Dorf treiben, hat die örtlichen Union und damit fast auch den Kommunalwahlkampf in NRW innerhalb weniger Stunden beinahe international bekannt gemacht. Auch in unserer heutigen Lokalausgabe der „Glocke“ wird darüber berichtet.

Beispiel 1: Die CDkUh

Die einen schlagen sich auf die Schenkel vor lachen, andere finden es peinlich. Über die Machart mag man geteilter Meinung sein, ob der Spot(t) am 25. Mai eher Stimmengewinne oder gar -verluste mit verursacht haben wird, bliebt abzuwarten. Eines aber ist sicher: Irgendwie ist der semi-professionell konzipierte, bewusst oder unbewusst dorftrottelige Werbefilm ein Renner:


Da muss man sich doch die Frage stellen: Wieso ist bei den Warendorfer Parteien keiner auf die Idee gekommen, ein Pferd durch die Stadt zu führen und als Dorfsheriff vor der Sparkasse die Ganoven dingfest zu machen? Wofür haben die denn den berittenen Bürgerschützen-Offizier Hermann Temme und den Ex-Karnevalprinzen von der Kripo, Willi Schöning, als Kandidaten?
Aber es muss auch kein Pferd sein. Wenn die Grünen lieber einen Grottenmolch hätten - bitteschön!
Apropos Grüne:

Beispiel2: Die Grünen strampeln sich ab

Und dieser Clip ist nicht das einzige Beispiel für einen lokalen Werbefilm zur Kommunalwahl, der irgendwie zwischen originell und provinziell angesiedelt ist. So haben die Grünen und Unabhängigen in Weingarten ein Ding kreiert, das witzig bis pfiffig, auf jeden Fall aber mutig und skurril ist und inzwischen weltweit geklickt wird:



Es gibt noch viele weitere Beispiele, die teilweise deutlich professioneller, aber oft auch wesentlich langweiliger sind. Auf jeden Fall aber sind sie eine neue Spezies Wahlkampfmittel, die die Warendorfer Parteien noch gar nicht für sich entdeckt haben.
Vielleicht ja zur Wahl 2020?

Auch das gibt's: Stadtmarketing mit Happy-Clip


Übrigens: Nicht nur in der Parteienlandschaft zeigt Warendorf Videoclip-Disapora-Dasein. Auch für das offizielle Stadtmarketing könnte ein innovativ gemachter Werbefilm ein probates Mittel sein, Warendorf (noch) weiter nach vorne zu bringen. Ein tolles Beispiel hat die Nachbar-Kreisstadt Gütersloh abgegeben, wo unter anderem der Internet-Sender Gütersloh TV und die Gütersloh Marketing GmbH den Hype um Pharrell Williams „Happy“ genutzt haben, um einen raffinierten Stadtwerbeclip zu produzieren - übrigens mit parteiübergreifender Mitwirkung durch den ganzen Rat:



Und wann macht‘s Warendorf?

Freitag, 9. Mai 2014

Noch 16 Tage: Fracksausen bei Fracking

Noch 16 Tage: Fracksausen zum Fracking beginnt




Bald auch in Warendorf? Diskussionen und Proteste um das Fracking könnten auch hier ein Thema werden.

Von PETER WILD

Wirkliche Wahlkampfaufreger sind bislang Mangelware. Vor allem auf Kreisebene wissen offensichtlich nicht einmal der amtierende Landrat Dr. Olaf Gericke (CDU) und sein Herausforderer Franz-Ludwig Blömker (SPD), wie sie sich wirkungsvoll voneinander absetzen können.

Immerhin ist ein kleiner Stellvertreterkrieg in Warendorf entbrannt, wo sich die Leserbriefschreiber von CDU und SPD in Stellung bringen, um sich über ein Thema zu ereifern, das den gemeinen Wähler kaum interessiert: das ge- oder entspannte Verhältnis zwischen Stadt und Kreis.

Und dann taucht plötzlich in den Schlagzeilen – zu sehen in der heutigen Ausgabe (9. Mai) der „Glocke“ auf der Kreisseite – ein Thema auf, von dem alle bisher dachten, es wäre nicht so wirklich relevant für unsere Region: das Fracking, das Bohren nach Erdgasvorkommen in tiefen Erdschichten. Angeblich neue, chemiefreie Methoden und sicher auch die Ukraine-Krise spülen auch bei uns ein Thema wieder an die Oberfläche, das in US-Amerika wie der Heilsbringer in der autonomen Energieversorgung gefeiert wird.

Die Freie Wählergemeinschaft auf Kreisebene schlägt Alarm und positioniert sich sogleich kompromisslos gegen das Fracking in unserem Kreis. Auch Vertreter anderer Parteien auf Kreisebene haben die Methode bisher konsequent abgelehnt. Und doch muss die Frage erlaubt sein: Kippt die Front der Kritiker jetzt?

Sucht man in den Wahlprogrammen der örtlichen Parteien in Warendorf, findet man das Stichwort Fracking nicht. Lediglich die Piraten, die aufgrund der Tatsache, dass sie nur vier von 20 Wahlbezirken mit Kandidaten vertreten sind, nur eine theoretische Chance auf ein Ratsmandat haben, thematisieren das Fracking, das ihrer Meinung nach „ohne Ausnahme verboten“ bleiben solle.
Dass dieses Thema bei den meisten fehlt, verwundert nicht, denn bislang schien nicht absehbar, dass Fracking für die flächenmäßig größte Stadt im Kreis und diese Region überhaupt aktuell werden könnte.

Und jetzt? Beginnt das große Fracksausen? Wird das Energiethema doch noch zum Wahlkampfschlager, und wer bestimmt das? Die Wähler, die ihren Politikern bohrende Fragen stellen, oder die Parteien, die sich entweder schnell in die Debatte einschalten oder am liebsten gar keine schlafenden Hunde wecken wollen? Wir sind gespannt, was draus wird.

Übrigens: Wie man auch Wahlwerbung sehr kreativ machen kann, zeigt dieses Beispiel zum Thema von der Piratenpartei:

Donnerstag, 8. Mai 2014

Noch 17 Tage: Wie lange bloggen wir noch?

Noch 17 Tage: Aber wie lange halten wir das durch?


Von PETER WILD

Ab heute sind es noch 17 Tage bis zum Wahltag am 25. Mai. Seit vier Tagen gibt es diesen Wahl-Blog, und wir wollen ehrlich sein: Die Resonanz darauf ist für uns enttäuschend. Insbesondere hatten wir uns mehr Reaktionen von Lesern, aber auch von Politikern erhofft. Da stellt sich uns nicht nur die Frage, ob wir das eigentlich noch weitere 16 Tage durchhalten? Aber auch diese: Interessieren diese Wahlen die Leser unserer Zeitung und dieses Internet-Blogs so viel als wenn in Moskau ein Fahrrad umfällt?


Provokation 1

Wir haben an dieser Stelle über Politiker gewettert, die sich um ein Mandat bewerben, aber nichts über Person und Programm verraten wollen. Keiner von den Kritisierten hat reagiert, sich für den eigenen Anspruch auf Privatsphäre gerechtfertigt. Warum? Interessiert es sie gar nicht, wie ein Wähler denkt?


Motitation

Wir haben versucht, zu testen, wie schwer oder einfach es ist, bestimmte programmatische Aussagen zu einem Thema den verschiedenen Parteien zuzuordnen. Kein Einziger hat den Anspruch gehabt, das kleine Rätsel zu lösen.


Provokation 2

Wir haben die Vernachlässigung des Europawahlkampfs durch die Parteien angeprangert und die These aufgestellt, dass dadurch nur die euroland-kritischen Parteien profitieren, die wie die AfD ihre Chance wittern. Auch dazu keine Reaktion.


Ergebnis gleich null

Was ist los? Kratzt das alles die Wähler nicht? Warum wehren sich die Parteien nicht, wenn sie in einem Medium wie diesem provoziert werden? Was ist das für ein lahmer Wahlkampf?
Immerhin gibt es einen aktuellen Leserbrief, den wir am heutigen Donnerstag in der Warendorfer Printausgabe der „Glocke“ abdrucken. Darin schießt der scheidende Fraktionsvorsitzende der CDU-Kreistagsfraktion, Karl-Wilhelm Hild, gegen den Landratskandidaten der SPD, Franz-Ludwig Blömker, und den parteilosen Warendorfer Bürgermeister Jochen Walter. Der Grund: Walter (der kein Blatt vor den Mund nehmen muss, weil er 2015 nicht zur Wiederwahl antreten will) hatte es gewagt, die bisherige Kreispolitik (die aus Walters Sicht zulasten der Städte und Gemeinden geht) zu kritisieren und Blömker (der anscheinend meistens mit einem Blatt vor dem Mund durch den Kreis zieht) hatte genickt. Immerhin: Auf den alten Kämpen Hild ist doch Verlass. Der braucht keine Stunde nach der Lektüre eines ihm nicht genehmen Zeitungsartikels, dann glüht seine PC-Tastatur. Ist also die Spezies Hild ein Dino? Eine aussterbende Art von Kommunalpolitiker? Von seinen Erben ist parteiübergreifend nämlich nichts zu hören.

Am Interesse vorbei?

Vielleicht ist aber auch gerade dies ein Beispiel dafür, dass Politik zu oft am Interesse des Bürgers vorbeigeht. Welchen Normalbürger und -leser interessiert es eigentlich, ob Kreis oder Stadt die bessere Politik machen? Wen interessiert es, dass sich die Repräsentanten dieser beiden Gebietskörperschaften (allein das Wort ist schon gruselig) gegenseitig in die Pfanne hauen? 
Und wen interessierte eigentlich dieser Wahl-Blog? Wenn hier weiterhin keiner reagiert und uns keiner für unflätige Beiträge wie diesen lobt oder kritisiert, wechseln wir die Gruppe und posten über Facebook, dass irgendwo ein schrottreifer Pkw-Anhänger abgestellt wurde, ein Welpe in die Ems geplumpst ist oder ein Papierkorb überquillt. Vielleicht auch, dass in Moskau ein Fahrrad umgefallen ist oder in China ein Sack Reis. Sicher haben wir dann mehr „Follower“ als wenn wir über total unbedeutende Kommunal- und Europawahlen schreiben.
Das Gegenteil wäre zu beweisen.

Mittwoch, 7. Mai 2014

Noch 18 Tage: Und was ist mit Europa?

Noch 18 Tage: Und was ist mit Europa?


Von PETER WILD

Kommunalwahlen sind für eine Lokalzeitung wie „Die Glocke“ ganz wesentlicher Bestandteil der Berichterstattung für die Lokalseiten. In Warendorf stehen am 25. Mai Rats-, Kreistags- und Landratswahl an, in Beelen und Sassenberg zum Beispiel zusätzlich die Bürgermeisterwahl. Dass sich im Lokalteil daher ganz besonders der Kommunalwahlkampf spiegelt, ist Ausdruck unseres Selbstverständnisses. Europawahlthemen kommen daher oft nur in zweiter Reihe vor, und wenn, dann im sogenannten „Mantelteil“ unserer Zeitung, in Ressorts wie „Politik“ und „Zeitgeschehen“.

Doch augenscheinlich haben nicht nur für die lokalen Medien der Fokus ihrer Berichterstattung auf die Kommunalwahl gerichtet, sondern auch die politischen Parteien in NRW. Wer die bundesweit ausgestrahlten Werbespots –manchmal möchte man sie „Werbespotts“ nennen– abends vor dem Fernseher sieht, ertappt sich manchmal auch als politisch interessierter Mensch dabei, zu denken: Ach ja, die Europawahl ist ja auch noch! Was kannst Du den da eigentlich wählen?

Auch im Wahlkampf der Parteien vor Ort wird dieses Phänomen sichtbar. Zwar sind die größten Plakatwände im Stadtgebiet Warendorf (neben den gigantischen Plakaten des Landrats, versteht sich) mit Werbung für die Europawahl belegt, aber so wirklich findet das Thema Europa nicht statt. Es wird bis zum 25. Mai in Warendorf nicht eine wirklich überörtlich bedeutsame Veranstaltung, ob im Saal oder auf einem Platz, stattfinden, bei der ein europapolitisch relevanter Politiker uns Wählern erzählen will, warum Europa so wichtig ist und warum man sein Kreuzchen am besten bei seiner Partei machen sollte.

Die Kreisverbände von CDU und SPD zum Beispiel erklären auf „Glocke“-Anfrage unisono, dass europapolitische Themen zwar im Straßenwahlkampf und bei Besuchen ihrer regionalen Kandidaten vor Ort „natürlich“ eine Rolle spielten, geben aber auch gleichzeitig zu, dass der Kommunalwahlkampf im Vordergrund steht. Auch Grüne und FDP fahren den Europawahlkampf vor Ort auf Sparflamme.

Ein nicht unwesentlicher Nebeneffekt dieser Strategie könnte allerdings sein, dass die „etablierten“ Parteien mit dieser selbstgewählten Zurückhaltung eine Flanke für diejenigen bieten, die die Europäische Gemeinschaft in ihrer heutigen Form am liebsten abschaffen würden. Europakritische Parteien wie die „Alternative für Deutschland“ (AfD) können sich auch in Warendorf auf das konzentrieren, was sie am liebsten tun: Stimmung machen vor allem gegen die Währungsunion.

Am heutigen Mittwoch will der Kandidat Alfred Heitmann bei einer öffentlichen Saalveranstaltung (19.30 Uhr, Hotel Emshof) Überzeugungsarbeit leisten. Der pensionierte Fregattenkapitän, der sich selbst als „überzeugten Europäer“ bezeichnet, will Euro-Land sturmreif schießen, weil Deutschland „nicht für die Schulden aller südeuropäischer Staaten haften und zahlen“ soll. Er prophezeit, dass nach der Europawahl „riesige Transferleistungen“ zu erwarten seien, und „dass der deutsche Steuerzahler sukzessiv verarmen“ werde. Heitmann fordert, per Stimmzettel die Wahl zu treffen: „Ein Schrecken ohne Ende oder ein Ende mit Schrecken.“

Das müsste aufschrecken. Hoffentlich müssen die anderen, pro-europäischen Parteien ihre selbstgewählte Zurückhaltung im Europawahlkampf nicht am Ende teuer bezahlen, wenn man das politische Schlachtfeld solchen Fregattenkapitänen überlässt.

Das Plakat des Europawahl-Spitzenkandidaten Martin Schulz (SPD) an der Münsterstraße in Warendorf ist zwar deitlich größer als die Porträts der lokalen Kandidaten an den Laternenmasten. Aber der Fokus der Parteien vor Ort gilt ganz klar dem Kommunal-, nicht dem Europawahlkampf.

Dienstag, 6. Mai 2014

Noch 19 Tage: Typisch Parteiprogramm?

Noch 19 Tage: Typisch Parteiprogramm!?


Von PETER WILD

Die sechs bei der Ratswahl in Warendorf kandidierenden politischen Gruppierungen haben  ihre programmatischen Aussagen vor kurzem vorgelegt. In der gedruckten Ausgabe der Warendorfer „Glocke“ vergleichen wir die Parteiprogramme - am heutigen Dienstag geht es zum Beispiel um Aussagen zur Parkplatzprogrammatik in der Altstadt – mit dem überraschenden Ergebnis, dass einige Parteien zu diesem viele Jahre heiß diskutierten Thema rein gar nichts zu sagen haben.

Aber was haben die Politiker eigentlich zu sagen, und spricht das, was sie sagen, für sich selbst und ihre Partei? Oder sind Aussagen und ergo Programme eigentlich alle uniform und austauschbar?
An dieser Stelle würden wir gern mal testen ob Sie, lieber Leser, bestimmte Aussagen zu einem Thema der richtigen Partei zuordnen können. Was also ist typisch für eine Partei X bei einem Thema Y?

Was glauben Sie, welche Aussage (von 1 bis 6) hat welche politische Gruppierung in Warendorf (A bis F) so in ihrem Programm stehen, am Beispiel des Themas Förderung der Jugendarbeit:

Die Aussagen

1: Beibehaltung des Drobs-mobil, der „zugehenden Jugendarbeit“ und ähnlicher Programme zur Prävention von Sucht und Gewalt.
2: Freizeiteinrichtungen für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene müssen weiterhin unterstützt werden.
3: Intensive Jugendarbeit an „Brennpunkten“.
4: Beim Thema Sucht und Drogen ist die Prävention an Schulen und in Vereinen noch stärker als bisher zu fördern.
5: Unterstützung der vereins- und konfessionsgebundenen Jugendarbeit.
6: Gründung und Wahl eines Jugendgemeinderats.

Die Parteien

A: Piraten
B: CDU
C: FDP
D: Die Grünen
E: SPD
F: FWG

Ihre Aufgabe

Ordnen Sie zu, zum Beispiel 1C, 2B und so weiter, und geben Sie uns Ihren Tipp über die Kommentarfunktion zu diesem Post bekannt. Am Mittwoch lösen wir das Rätsel auf und sind gespannt, wieviele Übereinstimmungen es gab und welche Aussage typischerweise am einfachsten einer Partei zuzuordnen war. Also: machen Sie mit, auch wenn dies kein Gewinnspiel ist.

Mit unterschiedlichen Konzepten gehen die Parteien in die Wahlwerbung. Aber was ist mit den Parteiprogrammen? Sind sie austauschbar oder typisch für eine bestimmte politische Grundhaltung?

Montag, 5. Mai 2014

Noch 20 Tage: Und wer ist k.A.?

 

Noch 20 Tage: Aber wer ist eigentlich k.A.?


Von PETER WILD

Seit etwa zwei Wochen werden sie in einer „Glocke“-Serie vorgestellt: die Rats- und Kreistagskandidaten aus der Region. Nicht in jedem Fall aber kann die Redaktion das Informationsbedürfnis und den Wissensdurst potenzieller Wähler stillen. Zwar haben die meisten Bewerber die Fragen der Redaktion bereitwillig beantwortet. Manche aber auch nicht.

Bei dieser Spezies ist die einzige Aussage eines Menschen, der sich anschickt, sich in der repräsentativen Demokratie um ein Mandat zu bewerben, „k.A.“ - was soviel heißt wie: keine Angaben. Sie wollen weder über ihren Beruf und ihr Alter Auskunft geben, noch ihren Familienstand oder die Zahl der Kinder öffentlich preisgeben. Sie wollen nicht verraten, welche lokalpolitische Erfahrung sie haben und noch nicht einmal, welche Schwerpunkte sie sich setzen wollen, wenn sie denn gewählt würden. Einige dieser Spezialisten lehnen es selbstverständlich auch ab, ein Porträtfoto zur Veröffentlichung freizugeben.Was ist das für ein Selbstverständnis? Welche Arroganz gegenüber dem Souverän, dem Wähler, sich zwar zur Abstimmung zu stellen, aber rein gar nichts darüber zu verraten, wer man ist und was man will? Datenschutz ist ein hohes Gut, und wer Privates für zu intim hält, um es öffentlich preiszugeben, der hat selbstverständlich das Recht, dies zu verweigern. Aber so total?

Es ist ja verständlich, dass man nicht unbedingt verraten muss, welches Buch gerade auf dem Nachtisch liegt. Das wollten wir Glöckner zumindest auch gar nicht wissen. Erst recht nicht, was sonst noch so läuft außer Lesen. Aber wenn sich jemand einer Wahl stellt, dann sollte er/sie seinem/ihrem potenziellen Wähler doch zumindest ein Bild vermitteln, warum eigentlich ein Kreuzchen ausgerechnet an dieser Stelle gemacht werden soll.
Auffällig ist, dass zum Beispiel bei der Kreistagswahl insbesondere viele Kandidaten der Piraten und der Alternative für Deutschland nicht geneigt sind, auch nur das Mindeste von sich preiszugeben. Haben sie etwas zu verbergen? Und wie ist das mit der Transparenz und der Netzoffenheit, die gerade die Piraten wie eine Monstranz vor sich hertragen?

Beispiel Warendorf: Von den nur vier Kandidaten, die sich überhaupt gefunden haben, in einem der 20 Wahlbezirke Warendorf anzutreten, haben zwei gar keine Angaben gemacht. Wer soll die denn wählen? Oder muss die Frage lauten: Wollen die überhaupt gewählt werden? Wahrscheinlich haben sie nur ihren Namen (immerhin) hergegeben, damit die vermeintlich so jung-dynamische Newcomerpartei überhaupt auf vier von 20 Wahlzetteln steht. So wird mühsam kaschiert, dass die Piraten in Warendorf im Grunde eine Ein-Mann-Veranstaltung sind. Aber Oberpirat Martin Lepper alleine kann den Sprung in den Rat nicht schaffen, dafür braucht er Platzhalter, die nur pro forma auf der Liste stehen. Ob allerdings eine Partei, die nur in vier von 20 Wahlbezirken überhaupt praktisch wählbar ist, eine echte Alternative darstellt, mag dahingestellt sein. Wenigstens hätte Leppers „Kleeblatt“ soviel Engagement zeigen müssen, dass nicht nur Namen, sondern auch Persönlichkeit und Programmatik zumindest in Ansätzen erkennbar wären. Als Gleichung mit gleich zwei Unbekannten wird Leppers Rechnung wohl nicht aufgehen.

Fertigmachen zum (k)entern?

Nur Silhouetten ohne persönliches und inhaltliches Profil? Wer soll Kandidaten wählen, die nichts von sich preisgeben wollen?