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Donnerstag, 15. Mai 2014

Noch 10 Tage: Von Wechselwählern und Wackelkandidaten

Von PETER WILD

Es ist nichts so beständig wie der Wechsel, sagt man. Auch die Demokratie lebt vom Wechsel. Soviel ist sicher. Insofern sind auch Wechselwähler nicht zwangsläufig orientierungslos, und Wechsel-Politiker müssen nicht gleich Wackelkandidaten sein. Aber sicher ist auch: Ein Parteiwechsel bei einem Wähler ist nicht so ungewöhnlich wie ein Parteiwechsel eines Politikers. Und es gibt ihn doch, sogar direkt unter uns.
Den Wechsel wählen: Das ist nicht nur das Motto vieler Bürger an den Urnen. Manchmal sorgen auch Parteiwechsel von Politikern für interessante Konstellationen - auch in Warendorf.

Ticket-Tausch in Freckenhorst

Wer heute in „Die Glocke“ schaut und auf der zweiten Seite des Warendorfer Lokalteils die Rats-Kandidatenvorstellung ansieht, der wird auf den ersten Blick nichts Ungewöhnliches erkennen. Auf den zweiten aber doch: Für die Grünen kandidiert Veli Firtina im Wahlbezirk 18 (Freckenhorst). Nicht weil er ein Ur-Warendorfer mit türkischen Wurzeln ist, fällt er ins Auge, sondern weil er 2004 und 2009 noch für die FDP kandidiert hatte Das hätte er eigentlich auch 2014 sollen. Die Stadtverbandsvorsitzende der Liberalen, Anita Stakenkötter, hatte ihn sogar schon auf die Liste gesetzt, ein Parteitag hatte (in seiner Abwesenheit) seine Kandidatur abgesegnet. Und dann teilte Firtina mit, dass er diesmal lieber für die Grünen kandidieren würde. Die hatten zunächst auch ein Problem mit dem überraschenden Wechsel, boten ihm dann aber doch politisches Asyl und einen Wahlkreis an.

Parteifreunde werden Konkurrenten

Pikant ist, dass der ergrünte Ex-Liberale nun ausgerechnet im Wahlbezirk von Anita Stakenkötter antritt, der Frau, der Firtina unterstellt hat, sie habe ihn ungefragt wieder auf die FDP-Liste gesetzt. Was sie bestreitet. Die einstigen Parteifreunde sind nun Konkurrenten. Ob Firtina (und den Grünen) der Wechsel nützt, bleibt abzuwarten. 2009 lag die FDP in diesem Wahlbezirk fast fünf Prozent vor den Alternativen, die jetzt ein kleines Bißchen rest-liberal schimmern.
Platz drei ging vor fünf Jahren übrigens an die FWG. Für die kandidiert wieder Werner Suntrup. Der Öko-Landwirt hätte auch gut für die Grünen antreten können. Tat er auch, und zwar zum Beispiel noch 1999. In den 80er-Jahren war er Gründungsmitglied der Grünen gewesen. Aber 2004 stand er plötzlich als Kandidat auf der Liste der Freien Wählergemeinschaft. Er sei inzwischen „überzeugt parteifrei und unabhängig“, teilte er damals dem Wähler mit – und das ist auch heute noch so. Und gut so, wird die FWG sagen.

August, die deutsche Eiche, wacklt nie

Wechselstimmung also im Wahlbezirk 18 in Freckenhorst. Dass auch das Direktmandat wechselt, ist eher unwahrscheinlich. August Finkenbrink will seine fast 40 Prozent mannhaft verteidigen. Der kernig-westfälische Landwirt war schon immer (und bleibt es wohl auch ewig) CDU. Wie eine deutsche Eiche. Da wackelt nichts.
Übrigens vor der Wahl zu wechseln ist immer noch weniger ein Aufreger als nach der Wahl. Das hat es auch schon gegeben, und zwar ganz prominent: Einer der profiliertesten Ratsherren der vergangenen drei Jahrzehnte, der zu früh verstorbene Uwe Kurth, hatte als SPD-Mann dreimal seinen Wahlbezirk im Warendorfer Norden als Direktkandidat gewonnen und wechselte aus Verärgerung über Bundes- und Landes-Sozis 1992 mitten in der Wahlperiode zur FWG. Die bis zu 52 Prozent, er als Sozialdemokrat in seinem Wahlkreis eingefahren hatte, schaffte er zwar bei folgenden Wahlen nicht mehr. Aber auch als Parteifreier blieb er ein Charakterkopf mit Charisma und Führungsqualitäten in der Kommunalpolitik.

Uwe Kurths große Fußstapfen

Daran müsste Firtina noch arbeiten. Kann ja noch kommen, Er ist ja erst 43. Velicht (Achtung: dies ist ein eingebauter „Druckfehler"!) gibt es ja zur nächsten Wahl wieder eine Wechselstimmung. Und wer weiß: Wenn August, der Starke, 2020 mit 74 nicht mehr kandidieren sollte, wird ja auch der Wahlkreis frei.

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